28. Juli (15. Juli nach Altem Stil) - Hl. Apostelgleicher Großfürst Vladimir.
Gottesdienst: am 27.07.2024 Sa. 17:00 Nachtwache (Vigil) und 28.07.2024 So. 7:00 und 10:00 Göttliche Liturgie
Wer sie aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich (Mt 5, 19).
Er bekehrte sich aus der heidnischen Finsternis zum Licht Christi, ließ sich selbst taufen, taufte die Bewohner Kievs und sandte aus, um in den Städten und Gebieten seines Fürstentums zu taufen.
Er wurde als erster gesamtrussischer Herrscher Christ, und legte den Grundstein für ein christliches russisches Reich. Mit ihm beginnt das russische Reich orthodox zu sein, und das Christentum dringt in alle Lebensbereiche des Volkes und des Staates.
Handelte er dabei nur als Herrscher? Waren diese seine Handlungen nur Staatshandlungen?
Nein, er erwies sich selbst als wahrer Christ und verkündete Christus nicht so sehr mit dem Wort, wie durch sein eigenes Vorbild.
Erzogen im Heidentum, hörte Fürst Vladimir zwar in seiner Kindheit von seiner Großmutter, der seligen Fürstin Olga, doch war er anfangs eifriger Heide. Beflissen erfüllte er die heidnischen Riten, versuchte den heidnischen Göttern zu gefallen, brachte ihnen Dankopfer für Erfolge dar, weil er davon überzeugt, war der Wahrheit zu dienen.
Als das Kiever Volk den hl. Varäger Theodor und seinen Sohn Johannes tötete, weil ihm das Los zufiel Perun [slavischer Donnergott] als Dankesopfer für einen erfolgreichen Kriegszug dargebracht zu werden, begriff Vladimir, daß er irrte. Er fühlte die Kluft zwischen dem sittlichen Gesetz und den Forderungen des Heidentums, und seine feinfühlige Seele verspürte dieses Unrecht. Die Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit führte ihn zur Orthodoxie. Alle äußeren oder inneren Hindernisse auf diesem Weg überwand er, und empfing die heilige Taufe. Jetzt, da er Christ geworden war, begann er Christus noch eifriger zu dienen, als er früher den heidnischen Göttern diente.
Nun aber brachte er mit seinem ganzen Wesen sich und alles, was er besaß, der Wahrheit als Opfer dar, denn die christliche Lehre offenbart göttliche Wahrheiten und ist Ausdruck des höchsten sittlichen Gesetzes.
Vladimir war nach der Taufe ein anderer. Er bewahrte die besten Eigenschaften in sich, die er vorher in sich trug, und stieß seine lasterhaften Neigungen und Gewohnheiten von sich. Aus einem hartherzigen [Menschen], der selbst seinen leiblichen Bruder nicht verschonte – er fiel im Bruderkrieg mit ihm – wurde er so weichen Herzens, daß er selbst Verbrecher nicht hinrichten wollte, und tat dies nur in Ausnahmefällen, um Übeltaten ein Ende zu setzen.
Aus einem liederlichen wurde er zu einem keuschen Menschen, verließ seine vielen vorigen Frauen und lebte in rechter Ehe mit seiner rechtmäßig angetrauten Gattin, der Zarin Anna.
Aus einem raubgierigen Eroberer wird er zu einem friedliebendem Herrscher. Aus einem raffgierigen Steuereintreiber wurde er gleichgültig gegenüber irdischen Schätzen, immer bereit sie um immaterieller Kostbarkeiten willen aufzuopfern. Für sein Gefolge war er nicht mehr ein gestrenger Anführer, der auch den geringsten Ungehorsam bestraft, vielmehr ein weiser Herrscher, der die Seelen seiner Untergebenen kennt, und seine Mitstreiter zu schätzen weiß.
Für all sein untergebenes Volk wurde er zu einem liebenden Vater, der für all seine zahlreichen Kinder sorgt, zu denen nun alle seine Untergebenen wurden, der sich stets der Stillung all ihrer Nöte und Bedürfnisse annimmt.
Seine besondere Aufmerksamkeit zogen jetzt die Hilflosen auf sich – Waisen, Witwen, Krüppel. Ihrer gedachte Fürst Vladimir besonders zu Festen, und schickte ihnen Wagen mit Essen und anderen notwendigen Dingen. Die Feste selbst waren nun nicht mehr einfach Gelage, sondern gemeinschaftliche, freudige, brüderliche Kommunikation. In allen Lebensbereichen erwies sich der Großfürst Vladimir Schöne Sonne als Christ – in seinem persönlichen Leben und im familiären, im öffentlichen, im staatlichen. Da er die Wahrheit erkannt hatte, diente er ihr von ganzem Herzen, verbreitete überall, wo er nur konnte, Licht. In sich selbst zeigte er eine Verkörperung der Lehre Christi, war in allem ein Vorbild zur Nachahmung.
Deshalb drang das Christentum so schnell und tief in alle Bereiche des Lebens der Russen ein. Der Fürst riß alle durch seine persönliche Askese mit. Er war ein Bezwinger seiner selbst, herrschte dadurch über andere, verkündete Christus durch seine Taten, zu welchem Gebiet sie auch gehören mochten. Er diente dem Wahren Gott als einzelne Person, als Familienoberhaupt, als Anführer, als Richter, als Regent, als Herrscher. Er war immer derselbe Diener der Wahrheit und Gerechtigkeit, strebte dazu, daß sie überall herrschten.
Er hatte zutiefst erkannt, daß das was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was rein, was liebenswert ist, was einen guten Ruf hat, sei es eine Tugend, sei es ein Lob (Phil 4, 8), das Lebensfundament sowohl des einzelnen Menschen, als auch des ganzen Volkes ist. Daher trennte er nicht das eine vom anderen, und verwirklichte das, was er in seinem eigenen Leben offenbarte, in staatlichen Angelegenheiten.
Dieser neue Geist der Ganzheitlichkeit, der Einheit in allen Bereichen des Lebens und der Verwirklichung der Gerechtigkeit in allem zeigte der heilige Vladimir in sich und reichte es seinem Volk weiter. Er ist sein Erleuchter und Täufer, Herrscher und Apostel, Heerführer und Lehrer, Vereiniger und Bewahrer.
Ihm folgten seine besten Nachfolger, und nicht zufällig errang eben am Tag seines Gedenkens der gottgefällige Großfürst Alexander den Sieg an der Neva; in Alexander zeichnete sich die geistige Gestalt seines apostelgleichen Vorfahren deutlich ab.
Der Gottesdienst, den der hl. Vladimir auf Erden begann, setzt sich nun am Altar des Allhöchsten fort, an dem er für das russische Land betet, das von ihm erleuchtet und geweiht wurde. Von dort strahlt er aus der Höhe mit himmlischem Licht, und erleuchtet russischen Menschen den Weg zur Wahrheit und Gerechtigkeit.
Hl. Johannes von Schanghai und San Francisco
Veröffentlicht nach: Homilien unseres heiligen Vaters Johannes, Erzbischof von Schanghai und San Francisco, San Francisco 1994, S. 222-224.